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| Thema: Der Schrecken aus dem Düsterhain - Eintrag V und VI Do Okt 17 2013, 06:52 | |
| - Reinschrift:
Eintrag V Am Ende half es nicht allzu viel, doch zumindestens fasste ich mich ein wenig und hieb mit der Klinge in Richtung der Ranke, die mir am nächsten war. Zu meinem Glück zeigte der Angriff Wirkung, denn diese seltsamen Ranken zerfielen bei Berührung mit dem gesegneten Stahl meiner Klinge. Bedauerlicherweise hörte der Strom an neuen Dingern nicht auf und so hackte ich wie ein Bauer um mich herum auf die kriechenden Teile ein… und jede einzelne zerfiel nach einem Schlag wieder. Nein, sie lösten sich auf wie eine gewittergraue Wolke am Himmel, die wieder den Blick auf die strahlende Sonne freigab. Nur offenbarte der Zerfall kein Sonnenlicht, sondern nur den toten, aschfahlen Boden des Friedhofes… und da kroch auch schon der nächste Schattententakel heran und nahm den Platz seines verschiedenen Vorgängers sein. Ich wusste wirklich nicht mehr, was ich gegen diese Macht ausrichten sollte, wenn selbst mein heiliger Waffenstahl nichts gegen diese durchtriebene Magie auszurichten vermag. Welch Glück war es da, wie in einem aufhellenden Sonnenstrahl mein Assistent mit einigen Stadtwachen angerannt kam. So wie die fremden Stimmen meiner Retter erklangen und ihre Rufe über den Friedhof hallten, zog sich das schwarze Wurzelwerk der Magie zurück und verschwand in der düsteren Tiefe des Waldes. Mein Blick war noch immer vor Schrecken und Todesangst geweitet und nie in meinem Leben war ich fröhlicher über den Anblick meines unbedarften Novizen.
Eintrag VI Da saß ich also nun. Der umgefallene Grabstein mit zerkratzter Inschrift. Na gut, man könnte sich die Mühe machen, den Namen zu identifizieren, aber das würde nicht dem Wert der aufgewendeten Zeit entsprechen. Das Tintenfässchen stand auf dem provisorischen Holztischchen, das Novize Theos vom Karren gezogen und aufgestellt hat. Das gebleichte Pergament legte ich mir über den Schoß, den Federkiel hielt ich noch immer etwas zittrig in der Rechten, während mein Blick immer wieder gen Wald rutschte. Nicht, dass ich Angst hätte, aber man musste Achtsamkeit gegenüber diesem „Etwas“ aufbringen. Aber gut, immerhin schrieb ich auch in diesem Moment nieder, welche Eigenschaften mir zu dieser Kreatur einfielen oder vielmehr, welche ich beobachten konnte. So kann ich zum Orkus bislang niederschreiben, dass es wohl eine überaus unfeste Erscheinung darstellt. Man könnte es wohl als eine Schattenkreatur beschreiben, doch leider kann ich bislang nicht genauer erfassen, ob es eine dämonische oder eher eine schwarzmagische Gestalt ist. Das würde sich aber, so hoffte ich doch, in absehbarer Zeit ändern. Leider wurde ich dann auch jäh aus meinen Gedanken gerissen, wie plötzlich ein schriller Schrei losging und einer der Stadtwachen tot zu Boden ging. Ich blickte erschrocken in die vor Angst verzerrte Miene des Toten, woraufhin auch bald der nächste Schrei losging – und dieses Mal kannte ich das Gesicht nur zu gut. Mein Blick glitt über die Grabeserde und blieb an den verschrammten Gesichtszügen meines Novizen hängen, die von einer schwarze, schlackeähnliche Masse gezeichnet war. Spätestens dort war es mir klar, dass ich mich möglichst gleich übergeben wollte, denn in meinen über zwanzig Jahren im Weißdorn-Orden ist mir solch ein Anblick niemals zu Gesicht gekommen. Das schwarze Zeug quoll unaufhörlich aus seinem Mund und lief aus Augen und Nasenlöchern. Die Augäpfel selbst ergrauten langsam, bis das dunkler werdende Grau in ein leichtes bis letztendlich tiefes Schwarz überging. Ein kurzer Ruck ging durch den eigentlich vom Tode her erstarrten Corpus meines Assistenten, doch die schwarzen Klumpen, die nun in seinen Augenhöhlen saßen, bewegten sich und ich würde noch immer schwören, dass sie mich in diesem Moment angestarrt haben.
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