Eintrag IIIMir läuft noch immer ein kalter Schauer den Buckel hinunter, wenn ich an diesen alten Friedhof denke, der am Stadtrand zum dunklen Wald in Richtung Rimmington liegt. Ansässige nennen ihn scheinbar „Düsterhain“, da unter dem dichten Blätterdach scheinbar allerlei Arten von Ungetümen lauern und unbedarfte Wanderer überwältigen und… verstummen lassen würden. Es ist mir natürlich nicht entgangen, dass der feiste Tavernenwirt versucht hat, mir und meinem Assistenten Angst zu machen, doch bei letzterem ist es wohl durchaus gelungen, denn bei seinem Gezittere musste ich fürchten, die Achsen würden noch brechen. Wir fuhren also an dem alten Friedhof entlang und ich erinnere mich nur zu gut an den völlig zerbröckelten Eingang der einem den Eindruck gab, irgendetwas hätte die Mauer mit Urgewalt durchschlagen. Auch der Boden war ungemein dunkel und einfach tot. Nichts Gutes wuchs auf ihm, kein Grasbüschel, ja nicht einmal Unkraut wucherte an den Grabsteinen entlang. Nichts als totem Gestein und kargem Erdreich maserte diesen Hort der Toten. Im Nachhinein empfinde ich es aber auch nur als allzu passend, dass sich an jedem Ort diese schattenhafte Kreatur preisgab. Dort lauerte sie nämlich. Auf dem Mittelweg aus Kies stehend blickte ich also zur Mauergrenze, die am Waldrand lag und spähte in die Finsternis. Erst schien es, als würde ich tatsächlich ins Nichts starren, doch nach und nach zeichnete sich eine düstere Silhouette ab und aus der vollkommenen Schwärze starrte mir ein rotes paar glimmender Augen entgegen. Mein Novize Theos entleerte sich wider Willen bei diesem schaurigen Anblick in seine Ordenskutte, doch auch mir wurden die Knie weich und ich wäre am liebsten umgefallen, doch bevor dies passieren konnte, löste sich der finstre Schleier auf und das glimmende Rot verschwamm wieder so schnell, wie es erschienen war.
Eintrag IVEs war grauenhaft. Mein Assistent trieb den Gestank seines „Schwächeanfalls“ wie eine trächtige Kuh vor sich umher und zu diesem Zeitpunkt hätte ich mich auch gerne übergeben. Vermutlich hätte ich das auch getan, wenn wir uns nicht auf dem Boden eines Friedhofes befänden hätten. Ich schmiss Theos zornig einige Leinenkutten zu und wies ihn an, sich zu reinigen, was er auch einsichtig tat. Allein schon, dass er zurück in die Hafenstadt lief, lies mir Zeit zum Nachdenken und Planen, doch die Ruhe über unserem außergewöhnlichen Rastplatz war trügerisch. Ich fühlte mich beobachtet und sah mich bestätigt, als schwarze Ranken aus purer Finsternis anfingen von allen Seiten über den Steinwall zu kriechen. Erschrocken hob ich meine Tasche auf und zog meine Silberdornklinge , welche ich wohl mehr schlecht als recht diesen… Dingern entgegenhielt. Es ist unglaublich, doch in einem Moment von solcher… Hilflosigkeit vergisst man wirklich vieles, was man in seiner Ritterausbildung über Jahre hinweg gelernt hat. Immerhin hab ich bei meinen Kampfprüfungen nie schlecht abgeschnitten, aber für den Ritterstand hat es wegen meinem lahmen Bein nie gereicht. Das war in diesem Moment wohl auch egal, denn letzten Endes hat mich die Furcht gepackt, weshalb das Schwert wie ein Kuhschwanz hin und her wackelte. Ich zweifelte nie an der Vollkommenheit der elf Tugenden, doch mir wurde wirklich klar, dass es ein Einfaches ist, sie auswendig zu lernen, zu erklären und somit zu wissen. Sie einzuhalten, unter besonderer Betrachtung des unerschütterlichen Mutes, war ungleich schwerer. Mein Blick glitt von den bröckligen Mauerresten hinab zum Kiesweg, der direkt zu mir führen würde. Als ich mich kurz und hektisch umschaute konnte ich erkennen, dass diese schattenhaften Arme von allen Seiten kommen. Innerlich sprach ich einige Psalmen auf und hoffte, dass die schwarzen Ranken, von mir ablassen würden.