Verschiedene Momentaufnahmen

Langsam schritt der Mann die Regale entlang und besah sich jeden einzelnen Buchtitel genau. Nach wenigen Minuten hatte er gefunden was er suchte. Der Rücken des Buches war mit alten nordischen Runen bemalt, die sogar für ihn nur mit Mühe zu entziffern waren.
Nun zog der Mann den dicken Wälzer aus dem Regal und klappte ihn auf. Die Seiten waren von Hand beschrieben und nicht besonders kunstvoll. Wer auch immer dieses Buch verfasst hatte wollte wohl nur den Inhalt vermitteln und legte nicht besonders viel wert auf eine schöne Aufmachung.
Der Mann blätterte in dem Buch umher. Bald hatte er gefunden was er suchte. Die entsprechende Seite war dicht mit Runen vollgekritzelt. Außerdem befand sich darauf eine der in diesem Buch so seltenen Skizzen. Es war eine sehr detaillierte und perfekt schattierte Zeichnung. Offensichtlich stellte sie die Pfote eines Tieres da, wahrscheinlich die eines Wolfes.
Zufrieden schloss der Mann das Buch wieder und ließ sich in einen der gepolsterten Sessel sinken. Er würde viel zu lesen haben.

Schwere, graue Gewitterwolken überschütteten den Hügel mit Massen von eiskaltem Regen. Nur wenige Menschen hatten sich hier versammelt, und sie trugen allesamt schwarze Trauerkleidung. Der Bauer blickte an sich herunter. Sein dunkler Mantel hatte sich mit Regenwasser vollgesogen und wog nass und schwer auf seinen breiten Schultern.
Mittlerweile bereute der Bauer, dass er hierher gekommen war. Doch der Tote war ein Fremder und niemand hier kannte ihn. Irgendjemand musste ihm die letzte Ehre erweisen. Scheinbar hatten diesen Gedanken auch einige andere Menschen gefasst, was den Bauern fröhlich stimmte. Scheinbar gab es doch noch einige Leute mit Herz in diesem Land.
Jetzt schaute er hinüber zu dem Priester, der eine kurze Rede hielt. Er sprach davon, dass zwar niemand hier diesen Fremden gekannt hatte, er jedoch wie jeder andere auch seine Ruhe in den immerwährenden Händen von Saradomin finden würde.
Der Bauer trat einige Schritte vor, um einen Blick in das offene Grab zu werfen. Der Sarg war noch nicht geschlossen worden, und der Tote lag still und friedlich auf seinem Boden. Die Augen in dem edlen Gesicht waren geschlossen, und sein brauner Bart wurde von den Regentropfen die sich darin verfangen hatten zum Glänzen gebracht. Der Tote trug ein feines Gewand in Grau und Schwarz, und neben ihm lag ein eisernes Schwert, das man nach seinem Ableben in seiner Wohnung gefunden hatte. Die Arme des Mannes waren auf der Brust verschränkt, und dazwischen lag etwas, das wie die Pfote eines wilden Tieres wirkte.
Im Dorf kursierten viele Gerüchte über den Toten. Auch die Tatsache, dass sein Sarg komplett in graues Wolfsfell gehüllt war mutete mysteriös an und heizte auch das Getratsche weiter an. Den Bauern ließen solche Dinge kalt. Vermutlich handelte es sich nur um irgendeinen Brauch, der in der Heimat des Mannes so üblich war.

Ein leichtes Lächeln war auf dem Gesicht des Mannes zu erkennen, als er die letzten Zeilen des Buches laß, dennoch mit dem Wunsch, dieses Ritual nicht durchführen zu müssen. Dennoch hatte er ein ungutes Gefühl, enttäuscht zu werden, aber so konnte er sich bei seinem alten Freund revanchieren.
Es konnte kein Zufall sein, dass er im alten Zimmer seines Freundes die Materialien für das Ritual fand - oder doch?
Der Mann war sich zuerst unsicher, doch musste dem nachgegangen werden. Wenn er so gehabt haben wollte, so wären einige Vorbereitungen am Sarg gemacht worden. Dennoch...die Nebenwirkungen dieses Ritual könnten durchaus fatal sein. Zögerlich packte er die Materialien für das Ritual ein, sowie das Buch, stets in der Hoffnung, von diesen Sachen nicht Gebrauch machen zu müssen. Er schaute sich die Wolfspfote noch ein letztes Mal an, leicht fasziniert scheinbar, bevor er sie in der Tasche verschwinden ließ und nun hastig loslief - Es war ein weiter Weg zum letzten bekannten Standort seines alten Freundes.

Keuchend ließ sich der Mann nach hinten fallen - Das Ritual war vollendet. Es hatte einige Tage gedauert, bis alle Vorbereitungen zu Ende waren und der Körper seines Freundes zur alten Hütte getragen wurde, doch nun war es vollendet. Der Mann rappelte sich nun langsam auf und unter dem Knirschen der Holzdielen, legte er einige Klamotten auf den halb zerfallen Holztisch, sowie einige Bücher und ein kleines Tablett mit Kräutern, einer Tasse und einer Kanne, gefüllt mit Wasser.
In einigen Stunden sollte sein alter Freund wieder unter den Lebenden verweilen, doch war ihm eine erneute Begegnung derzeit etwas..."unangenehm". Zum Schluss hinterließ er noch einen Brief mit seinem Wachssiegel, der seinen alten Freund über die derzeitigen politischen Zustände aufklären würde, als er langsam rausging.
Er blickte noch kurz zurück und musste darüber nachdenken, wie er damals mit ihm im Falador Park geredet harte. Er belächelte diesen Gedanken, als er langsam von der Hütte fort ging, dabei einige Worte murmelnd die ein Schutzsiegel entstehen ließen. Das Siegel würde seinen alten Freund solange beschützen, bis zu seinem Erwachen. Mehr konnte er nicht tun, als er wieder Richtung Heimat lief.